Viele Motorrad-Fans sind auch Sammler – und die Garage ist ja auch viel zu leer mit nur einem Motorrad!
Ein Roller für die Fahrt zum Bäcker am Sonntagmorgen, ein Roadster für die Hausrunde mit Freunden, ein richtig großer Bagger für die große Reise und das jährliche Festival, ein Oldtimer, weil er halt so schön ist und noch mindestens zwei Reiseenduros – die große GS auch zum Reisen und noch eine kleine ältere Suzuki V-Strom 650 für die Frau – die aber meistens in der Garage steht, weil die Frau doch nicht mehr fährt…
Am Stammtisch läuft das wöchentliche Motorrad-Skat: „112PS“, „136PS“, „150PS“, „170PS“ – Stich!
Das Szenario Irland-Reise steht für unseren Beispiel-Sammler an: „Welches Motorrad kommt jetzt mit in den Urlaub?“ fragt unser Beispiel-Sammler.
„Jaaaaa der große Bagger natürlich!!!“ ruft die eine Fraktion. „Neiiiiin – die große GS natürlich!!!!!“ ruft die andere Fraktion.
„Nimm die kleine V-Strom 650 von deiner Frau!“, sage ich.
„Rummms““ – den Clubkollegen fällt der Bierkrug aus der Hand. Ratloses Schweigen, dann erhebt sich ein mehrstimmiges Rauschen und Schnattern des Protests…
Nur einer, der Andi, der nickt schweigend und freut sich, dass endlich jemand ausgesprochen hat, was er schon lange denkt: Das die Motorräder nämlich immer höher, immer schwerer, immer unhandlicher und immer teurer werden. Warum? Na damit sie immer teurer werden, da verdienen die Hersteller besser daran.
Früher hatte dem Andi das Reisen noch mehr Spaß gemacht, damals, mit seiner XT600. Die hatte nicht mal 48PS, aber das hat damals noch keinen gestört. Dafür war sie leicht und handlich, und auf schmalen Straßen gut zu wenden. 20m rückwärts paddeln, weil der Parkplatz doch falsch war – kein Problem. Ein Stück Schotterweg zum Campingplatz – kein Problem. In die enge schmale Gasse reinfahren, wo bei Gegenverkehr dann die Gasse dicht ist – ein Problem, die leichte Enduro ist immer leicht zu wenden. 500km Autobahn – auch kein Problem.
Szenenwechsel: Kommen wir vom imaginären Stammtisch zu meinem echten Arbeitsalltag: Wir haben in Irland unseren Zweitwohnsitz und ich betreibe dort in den Sommermonaten eine Motorradvermietung (www.easycruiser.tours). Wir bieten auch schöne Gästezimmer an (www.the-view-accommodation.ie).
Letztes Jahr hatten wir dort zwei BMW R1250GS in der Vermietung. Sie wurden zwar viel gemietet, aber bald die Hälfte der Fahrer, fanden sie am Ende doch nicht so überzeugend für Irland.
Viele Fahrer haben einfach die Motor-mäßig größte Maschine genommen – mehr ist besser. Allerdings geht damit auch ein hohes Gesamtgewicht einher und die Sitzhöhe ist ja auch nicht niedrig. Beladen mit Gepäck und vielleicht noch Sozia oder Sozius kommt das einiges zusammen. Nicht nur kleinere Fahrer waren damit oft etwas überfordert, oder zumindest angestrengt, denn in Irland muss man öfter mal anhalten, rangieren oder eng wenden.
Auch mehrere Fahrer, die früher mal eine R1150GS hatten, waren mit der sensiblen (sportlich-aggressiven) Gasannahme auf den huppeligen Straßen Irlands nicht wirklich glücklich.
Am Ende der Saison war das Bild der Kundenzufriedenheit ein sehr gemischtes: Etwa die Hälfte der Kunden waren super zufrieden und kamen auch gut zurecht. Die zweite Hälfte war weniger zufrieden. Zu hoch, zu schwer, zu kompliziert mit zu viel Elektronik-Schnickschnack, zu heftig im Anzug – zu aggressiver Motor.
Ich bin nicht wirklich glücklich damit, wenn von meinen Kunden nur jeder zweite mit dem Motorrad zufrieden ist – vor allem, wenn das Bike vorher 25 000 Euro gekostet hat! Jede einzelne davon.
Zum Vergleich: Wir haben auch die neueren F750GS. Kaum einer kennt sie, von den meisten wird sie unterschätzt, aber anschließend war praktisch jeder happy damit.
Noch mehr gilt das für die älteren F800GS und die F700GS, von denen wir noch mehrere im Pool haben. Bei der F800GS muss man wieder aufpassen mit der hohen Sitzhöhe, aber die F700GS passt den allermeisten, weil sie nicht so hoch ist. Keine Elektronik (bis auf ABS), kein Schnickschnack, einfach zu fahren, recht leicht, sehr handlich, kommt überall hin und kann man überall manövrieren und wenden – alle happy!
Am Ende der Saison haben wir die beiden R1250GS verkauft und noch ein paar jung gebrauchte F700GSen mit wenig Kilometern nachgekauft – bevor es keine mehr gibt.
Liebe R1250GS-Fans, ich höre euch schon protestieren. Aber mir geht es gar nicht nur um die große GS, sondern genauso auch um andere „Reiseenduros“ der 1200er Klasse mit 250-280kg Gewicht und 134-170PS.
Wenn du zuhause eine solche fährst und zufrieden bist, freue ich mich für dich – wirklich. Aber in Irland ist leichter und wendiger auf jeden Fall besser. Wir werden in der Vermietung nur noch mittelgroße und leichtere Reiseenduros anbieten. Mit denen kommt fast jeder Fahrer gut zurecht.
Aber nur fast – denn viele Frauen unter 1,75m und viele Männer in ähnlicher Größe haben immer noch zu kämpfen mit Sitzhöhen um die 850mm.
Zurück zu unserem Stammtisch:
„Die Reiseenduro passt dir schon“ sagt der Mann – „Plumps“ sagt die Frau (die nicht soo groß ist) „Ich fahre nicht mehr, das Sch….ding kippt immer um“.
(Wir fühlen mit Euch und haben deshalb auch wirklich leichte, wirklich handliche und wirklich niedrige Cruiser im Programm. Bei der Honda CMX Rebel 500 sind die Fußrasten mittig, also ganz einfach zu fahren, fast wie ein Roadster, keine Umstellung.)
„Ja, so ne kleinere Maschine würde ich auch fahren, dann komme ich auch mit – sieht auch cool aus die Rebel!“, sagt die Frau.
„Ja aber die hat nur 48PS, da muss ich ja ewig auf dich warten“ meint der Mann.
„Nein“, meint der Andi, „Ich hatte früher sogar weniger als 48PS und das hat immer gereicht.“
„Danke Andi“ meint die Frau, bucht die 500er Rebel und hat einen fantastischen Irland-Urlaub! Zur unendlichen Überraschung ihres Mannes hat sie auch gar kein Problem mit 48PS und der Reisegeschwindigkeit.
Lösen wir das Rätsel und kommen noch kurz auf die Straßenverhältnisse in Irland zu sprechen:
Linksverkehr, enge Landstraßen, unübersichtlich mit Mauern und Hecken, viele kleinen verdeckte Kurven, teilweise mäßiger Fahrbahnbelag und außerdem Schafe, Hunde und Kühe auf der Straße. 80kmh sind erlaubt.
Was glaubst du, wie schnell du auf den irischen Landsträßchen wirklich fährst? Ja genau, meistens unter 80kmh. Im Durchschnitt lagen die meisten Kunden bei 50kmh über den Tag. Gefühlt sind sie dabei meist um die 60-80kmh gefahren. Brauchst du bei 60-80kmh mindestens 1200ccm Hubraum, 136PS und einen großen Windschutz? Die Frage darf jeder für sich selbst beantworten…
Die gute Nachricht: Die inzwischen zahlreichen 700er, 800er und 900er Motorräder auf dem Markt verkaufen sich super. Und es gibt auch wieder mehr Motorräder der 500er und 650er Klasse – Tendenz steigend. Auch mit deutlich unter 100PS sind sie für die Allermeisten völlig ausreichend motorisiert.
Da schließe ich mich selbst auch mit ein. Für jede Reise. Und ich bin wirklich viele Reisekilometer gefahren, also kein Einsteiger.
Die mittelgroßen und kleineren Bikes sind leichter, wendiger und machen mehr Spaß. Das sage nicht nur ich, sondern auch mehrere Motorradhändler, mit denen ich regelmäßig in Kontakt bin.
Es gibt einen Gegentrend zu den letzten Jahren: Kleinere, leichtere Motorräder beginnen sich wieder gut zu verkaufen. Das ist die neue (wiederentdeckte) Leichtigkeit – leichter ist spaßiger!
Ich hoffe du verzeihst mir meinen etwas überspitzten Schreibstil, aber ich bin die „höher-schneller-stärker-schwerer-komplizierter-teurer-Brocken“ und die ewige Diskussion darum so leid – und versuche darum mal eine andere Idee in den Ring zu werfen:
Leichter ist besser – für die meisten!
Vielleicht geht es dir wie mir – und vielen andern. Und vielleicht kann ich dich ja motivieren der neuen Leichtigkeit eine Chance zu geben. Vor allem in Reiseländern, wo du sowieso eher langsam auf kleinen und kleinsten Landstraßen unterwegs sein wirst – wie in Irland!
In diesem Sinne wünsche ich dir einen tollen, leichten und beschwingten Motorradurlaub in Irland.
Und wenn du noch ein (nicht zu schweres) Mietmotorrad für deine Reise suchst, dann findest du uns hier: www.easycruiser.tours.
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Bildnachweis Titelbild: Ulrich Knüppel-Gertberg (www.easycruiser.tours, www.the-view-accommodation.ie, www.irland-insider.de und www.ireland-insider.com)