Objektive für die Reise-Fotografie


Bei Systemkameras kann man die Objektive wechseln, aber welche Objektive brauche ich denn für meine Reisekamera – und wie viele?

Ulis Sony Alpha 6700
Ulis Sony Alpha 6700 (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg



Intro

Oh je, die Antwort fällt so unterschiedlich aus, wie die Bedürfnisse der verschiedenen Fotografen…Aber wir können zumindest ein bisschen Struktur in das Thema bringen.

Wenn du dir Profis anschaust, dann haben die oft eine umfangreiche Sammlung an Objektiven und nehmen zu jedem Auftrag, oder eben zu jeder Reise, diejenigen mit, die sie vermutlich dort am ehesten benötigen. Das können dann auch sehr umfangreiche Ausrüstungen sein, die dann auf Reisen gehen.

Boote in Wexford
Boote in Wexford (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)


Als Hobby-Fotografen und Amateure können wir die Kirche etwas mehr im Dorf lassen. Aber für uns ist es schön, eine passende Auswahl dabei zu haben. Nicht umsonst kann man bei Systemkameras die Objektive wechseln, damit man für verschiedene Zwecke auch verschiedene Objektive mitnehmen kann.

Schauen wir uns erstmal die verschiedenen Zwecke oder Bedarfe an und dann verrate ich dir jeweils passende Objektive dazu.

Empfehlungs-Link, siehe: Transparenz


Vergleichbare Brennweiten und Blenden

Sprechen wir kurz über Brennweiten und Sensorgrößen sprechen. Ich werde mich nachfolgend nur auf Brennweiten im Vollformat beziehen, denn das ist die Bezugsgröße, die allgemein gebräuchlich ist.

Wenn du eine Kamera mit einem kleineren Sensor, kannst du das leicht mit einem Faktor umrechnen. Eine APSC-Kamera hat meist einen Faktor von 1,5 (bei Canon 1,6).

Strand in Donegal
Strand in Donegal (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)


Ein Objektiv von 50mm Brennweite im APSC-Format entspricht einem Objektiv von etwa 50mm x 1,5 = 75mm im Vollformat. Bei Micro-Four-Thirds (MFT) ist der Faktor 2, ein MFT-Objektiv von 50mm entspricht etwa 100mm im Vollformat.

Oder andersherum: Wenn ich von einem 24mm Vollformat-Weitwinkelobjektiv spreche, dann ist das in etwa vergleichbar mit einem 16mm APSC-Objektiv oder einem 12mm MFT-Objektiv. Die haben alle einen vergleichbaren Bildausschnitt, aber einen vor unterschiedlich großen Sensor.

Schafe über dem Lough Tay
Schafe über dem Lough Tay (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)


Kommen wir noch schnell auf die Blenden zu sprechen. Ein Objektiv 50mm f1.8 hat eine Brennweite von 50mm und eine maximal offene Blende von 1.8, es ist also sehr lichtstark.

Ein Zoom 28-70mm f3.5-5.6 hat einen Brennweitenbereich von 28mm bis 70mm. Bei 28mm hat es eine maximale Offenblende von 3.5 und bei 70mm hat es eine maximale Offenblende von 5.6. In den Brennweiten dazwischen liegt die Offenblende irgendwo zwischen 3.5 und 5.6. Dieses Zoom ist lichtschwächer als die o.g. Festbrennweite.

Empfehlungs-Link, siehe: Transparenz


Weitwinkel, Normalobjektiv, Teleobjektiv

Ein Normalobjektiv bildet die Wirklichkeit in etwa so ab, wie wir sie mit dem Auge sehen. Es gibt keine Verzerrungen, oder Stauchungen und alle Proportionen wirken sehr natürlich. Das ist bei etwa 45-50mm Brennweite (50mm im Vollformat, 33mm APS, 25mm MFT) der Fall.

Standing Stones in Donegal
Standing Stones in Donegal (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)



Ein Teleobjektiv ist praktisch ein Fernglas, es hat einen engeren Bildausschnitt und weiter entfernte Objekte kann man damit vergrößert abbilden. Es gibt einen optischen Stauchungs-Effekt, so daß Objekte oder Gesichter etwas breiter erscheinen als gewohnt. Ein typisches leichtes Tele im Portraitbereich ist zum Beispiel das 85mm. Ein typisches Telezoom für viele Situationen hat zum Beispiel 70-200mm.

Ein Weitwinkelobjektiv tut das Gegenteil, es hat einen weiten Bildausschnitt und bildet viel Breite und Höhe auf dem Bild ab. Damit kann man möglichst viel auf das Bild bekommen, zum Beispiel in engeren Räumen, aber auch in der Landschaftsfotografie.

Am Glengesh Viewing Point im County Donegal
Am Glengesh Viewing Point im County Donegal (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)


Objekte wirken unter Umständen etwas verzerrt und Gesichter wirken gerne schmaler als sie eigentlich sind. Typische Weitwinkel-Objektive sind zum Beispiel das 24mm oder das 28mm. Smartphones haben in der Regel eine Standard-Linse vergleichbar mit einem 26-28mm (im Vollformat).

Ein Super-Weitwinkel ist noch weiter als ein Weitwinkel, zum Beispiel 16mm. Ein solches wird gerne in engen Räumen, oder ganz weiten Landschaften (dann mit inetressanten Vordergründen) eingesetzt.

Motorrad an der Küste von Connemara
Motorrad an der Küste von Connemara



Ein Super-Tele ist noch mehr „Fernglas“ als ein Tele, also zum Beispiel 500mm. Tierfotografen nutzen solche Super-Teles um kleine Tiere, wie Vögel, auf größere Distanz groß genug abbilden zu können.

Makro-Objektive: Jetzt sind wir schon eher bei den Spezialisten, aber wenn die Naturfotografie auf Reisen dein Thema ist, möchtest du vielleicht in ein Makro-Objektiv investieren mit dem du kleine Objekte (Blumen, Pilze, Insekten,…) groß abbilden kannst. Die gibt es in verschiedenen Brennweiten, meist als leichtes Tele.

Empfehlungs-Link, siehe: Transparenz



Festbrennweite und Zoom-Objektiv

Eine Festbrennweite hat nur eine Brennweite, zum Beispiel 35mm oder 50mm. Einige Fotografen bevorzugen Festbrennweiten, weil sie besonders lichtstark gebaut werden können. Neben dem Einsatz in der Dunkelheit (Astro/Sterne) führt eine weit offene Blende zu einem unscharfen Vorder- oder Hintergrund, was von Porträt-Fotografen gerne eingesetzt wird. Die Festbrennweite ist eher ein Spezialist.

Doe Castle im Norden von Donegal
Doe Castle im Norden von Donegal (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)


Im Gegensatz dazu ist ein Zoom ein Generalist, denn es bietet einen breiten Brennweiten-Bereich ab, zum Beispiel ein 24-105mm Zoom reicht vom Weitwinkel über den Normalbereich bis zum Tele und ist damit für viele Situationen auf Reisen sehr gut geeignet. Einziger Nachteil: Zoom sind im Allgemeinen weniger lichtstark als Festbrennweiten. Aber da die modernen Kamera-Sensoren heute auch mit wenig Licht sehr gut arbeiten, spielt das eine viel kleinere Rolle als früher.

Kit-Objektive sind in der Regel handliche Zooms in mittleren Brennweiten vom leichten Weitwinkel bis zum leichten Tele. Sie werden als Kit, oder Kombination mit der Kamera mit verkauft und sind im diesen Kombi-Angeboten dann vergleichsweise günstig. Meist sind sie nicht sehr lichtstark, was bei den heutigen lichtempfindlichen Sensoren keine große Rolle mehr spielt. Allerdings fehlt es ihnen an Bokeh, falls die das wichtig ist.

Poulnabrone Dolmen auf dem Burren
Poulnabrone Dolmen auf dem Burren (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)



 

Während früher Kit-Objektive oft den Ruf hatten qualitativ minderwertig zu sein, sind die Kit-Objektive der letzten Jahre deutlich besser und sogar sehr gut geworden. Hobbyfotografen (wie mir selbst) kann ich daher sehr gut empfehlen ein mittleres Kit-Zoom direkt mit der Kamera zu kaufen. Typische Kit-Objektive können beispielsweise sein: 28-70mm im Vollformat, 16-50mm für APSC oder 12-32mm für MFT.

Aus meiner Sicht sind Zooms für die meisten von uns für die Reise besser als Festbrennweiten geeignet, weil sie flexibler sind. Eine Festbrennweite kann aber dein Objektiv-Set gut ergänzen, wenn du das möchtest.


Empfehlungs-Link, siehe: Transparenz



Die Holy Trinity der Objektive

Viele Profi-Fotografen verschiedener Spezialisierungen sagen, daß sie etwa 70-80% aller ihrer Fotos mit einem 24-70mm f2.8 machen. Das ist ein mittleres und lichtstarkes Zoom. Den Rest machen sie mit einem Telezoom 70-200mm f2.8 und einem Weitwinkelzoom 16-35mm f2.8. Diese drei zusammen sind die „Heilige Dreifaltigkeit“ vieler Profi-Fotografen, die damit sehr viele Situationen abdecken können.

Diese 2.8-Objektive der Profis sind lichtstark, groß, schwer und teuer. Für uns Hobby-Fotografen gibt es deutlich günstigere Varianten, die etwas lichtschwächer sind und qualitativ für Amateure immer noch sehr gut sind.

Killary Fjord
Killary Fjord (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)



Eine „Travel-Trinity“ für Hobby-Reise-Fotografen

Wir können die Idee aufgreifen und beginnen mit einem Zoom-Objektiv im mittleren Bereich, vom leichten Weitwinkel bis zum leichten Tele. Zum Beispiel einem 28-75mm f 2.8 für Vollformat, 18-50 f2.8 für APSC und 12-35 f2.8 für MFT.  Ein solches gibt es in mittlerer Preisklasse und immer noch sehr guter Qualität – und auch lichtstark! Damit werden wir die meisten unserer Fotos schon machen können.

Badende Besucher am Upper Lake von Glendalough
Badende Besucher am Upper Lake von Glendalough (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)



Dann ergänzen wir das mit einem Tele-Zoom mit 70-300mm, f3.5-6.3. im Vollformat, 55-200mm für APSC oder 40-150mm für MFT. Damit kann man auch weit in die Berge hineinzogen, Details separieren und auch die gelegentliche Afrika-Safari fotografieren. Es ist weniger lichtstark, aber kompakt genug bei mittlerer Preisklasse.

Und dann gibt es noch ein Ultra-Weitwinkelzoom mit 17-28mm f2.8 für Vollformat, 10-18mm f2.8 für APSC oder 9-18mm f2.8 für MFT. Damit kannst du epische Landschaften mit mysteriösem Vordergrund aufnehmen, oder die Kirche oder das Schloss in ganzer Größe, oder die Stuck-Kuppel von innen fotografieren. Überhaupt bist du in allen Innenräumen mit diesem Objektiv gut angezogen und auch für das gelegentlich Bild des Sternenhimmels oder der Milchstraße ist es lichtstark genug.

Alte Kirche im Kloster von Glendalough
Alte Kirche im Kloster von Glendalough (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)



Nur ein Objektiv für die Reise

Reise-Zoom sind Zooms, die einen größeren Brennweiten-Bereich abdecken als übliche Kit-Zooms, also vom Weitwinkel bis gut in den Tele-Bereich hinein. Zu ihnen kommen wir gleich nochmal separat. sind sie für viele Situationen auf Reisen eine gute Wahl und für viele Hobby-Reise-Fotografen auch das einzige Objektiv, das sie jemals benötigen werden.

Am Lough Muck in Connemara
Am Lough Muck in Connemara (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)



Die lichtstärkeren Reise-Universal-Zooms liegen etwa bei 24-105mm f4 im Vollformat, 16-70, f4 für APSC oder 12-40 für MFT. Sie sind qualitativ meist hochwertig, aber auch schwer und nicht billig. Günstiger und qualitativ in der Mittelklasse sind oft lichtschwächere Zoom mit sogar größeren Bereichen, wie ein 28-200mm f2.8-5.6 oder ein 24-200mm f3.5-6.3. Im APSC-Bereich liegen wir dann etwa bei 18-135mm und im MFT-Bereich bei 12-60mm oder ähnlich.

Empfehlungs-Link, siehe: Transparenz



Kombination mit zwei Objektiven für die Reise

Meist reichen Reise-Zooms weiter in den Telebereich hinein, als in den Weitwinkelbereich. Du kannst sie aber problemlos mit einem lichtstarken Ultra-Weitwinkel-Zoom kombinieren, zum Beispiel ein 17-28mm f2.8 und einem 28-200mm 2.8-5.6 im Vollformat, einem 10-18mm f2.8 und einem 18-135mm f3.5-5.6 für APSC oder einem 9-18mm f2.8 und einem 12-60mm f2.8-4 für MFT.

Motorrad mit Schafen am Mount Leinster
Motorrad mit Schafen am Mount Leinster (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)


So bekommst du eine kleine Reisekombination, die einen sehr großen Brennweitenbereich abdeckt. Ich persönlich habe mich für meine APSC-Kamera genau so entschieden.


Und was ist mit dem Bokeh?

Gemeint ist die Möglichkeit mit einer weit offenen Blende zu fotografieren und dadurch einen unscharfen Vorder- oder Hintergrund zu erzeugen. Und bei alle Vorteilen, die Zooms haben, aber das können sie meist nicht gut.

Steinkreis an der Südküste
Steinkreis an der Südküste (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)



Es gibt für die meisten Kameras leichte und lichtstarke Normal-Objektive, die oft sehr günstig sind und für das gelegentliche Portrait oder Bokeh-Foto auf der Reise gut geeignet sind. Damit kommen wir wieder zum zum „Nifty-Fifty“, dem 50mm f1.8 für Vollformat, oder analog 33mm f1.4 für APSC oder 25mm f1.7 für MFT.

Du kannst auch ein 50mm f1.8 Vollformat-Standard-Objektiv für eine APSC-Kamera nehmen. Dann wirkt es wie ein leichtes Tele, was für Portaits eine gute Wahl ist. Bei Sony, Nikon oder Canon-Kameras geht das problemlos.

Küste von Beara
Küste von Beara (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)



Fazit

Ein Kit-Zoom mit der Kamera zusammen zu kaufen ist wegen allgemein gutem Preis-Leistung-Verhältnis und dem mittleren Brennweiten-Bereich gar kein Fehler.

Probiere es aus und danach kannst du entscheiden ob weitere Objektive dazu kaufen willst. Das führt dich dann wahrscheinlich zur Reise-Trinity, also dem Standardzoom ergänz durch ein Telezoom und ein Weitwinkelzoom

Empfehlungs-Link, siehe: Transparenz


Wenn du lieber lichtstärker unterwegs bist, dann kaufe gleich ein lichtstarkes Standard-Zoom und ergänze später nach Belieben.

Einen größeren Zoombereich bekommst du mit dem Reisezoom.

Wenn du weißt, dass du zwei Objektive kombinieren willst, dann nimm zum Beispiel ein Reisezoom und ein Weitwinkel-Zoom.

Ulis Kamera-Ausrüstung
Ulis Kamera-Ausrüstung (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)


Du kannst jede Kombination später ergänzen durch eine lichtstarke Festbrennweite, wie dem „Nifty-Fifty“.

Oder du entscheidest dich ganz anders…

Falls du eine Kamera, Objektive oder Fotoausrüstung gebraucht kaufen möchtest:
Hier findest du noch einen hilfreichen Link zu MPB.com. Dort kannst du ganz leicht gebrauchte Foto-Ausrüstungen aller Marken online kaufen und verkaufen. MPB funktioniert dabei ähnlich wie dein lokaler Fotohändler, nur online. Der deutsche Sitz von MPB ist in Berlin. Dort wird alle Fotoausrüstung getestet und mit Garantie verkauft, wie beim Händler vor Ort. Schau einfach mal auf der Webseite von MPB vorbei. Der Link ist ein Empfehlungs-Link, siehe Transparenz.


Wie auch immer du dich am Ende entscheidest, ich hoffe, ich konnte für dich ein bisschen Struktur in den Dschungel der Möglichkeiten bringen,

Viel Spaß beim Objektive kaufen und viel Spaß bei deiner Reise-Fotografie!

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Bildnachweis Titelbild: Objektive (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)

Uli Verfasst von:

Hallo und schön, dass du hier bist! Irland ist interessant, vielseitig und landschaftlich traumhaft! Woher ich das weiß? Wir leben und arbeite in Irland (Zweitwohnsitz) und haben die Insel intensiv und viele Male bereist - und auch die benachbarten britischen Inseln, über die ich zukünftig auch mehr schreiben werde. Vielleicht kann ich dich auch neugierig machen, auf die grüne(n) Insel(n) im Atlantik? Viel Spaß beim Lesen! Dein Ulrich Knüppel-Gertberg