Die Normannische Invasion Irlands

Das Mittelalter ist bekannt als finstere Zeit – so auch in Irland. Waren es im frühen Mittelalter die Wikinger, die die britischen und irischen Inseln heimsuchten, folgten im späten Mittelalter dann auch noch die Normannen…

Intro

Aber woher kamen die Normannen, was wollten sie in Irland und wie hat sich das alles zugetragen? Auf diese dunkle Seite der irischen Geschichte werden wir heute ein erhellendes Licht werfen.

Faszinierenderweise ist der Beginn der Normannischen Invasion eine Ironie der Geschichte: Anders als die Wikinger vor Ihnen, kamen die Normannen nämlich, weil sie von einem irischen König eingeladen wurden!

Welche weitreichende Folgen das für die ganze Insel haben sollte, das hatte sich der König aber wohl nicht vorstellen können – doch dazu kommen wir gleich nochmal…

Dunguaire Castle
Dunguaire Castle (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)

Wie die normannische Invasion begann

Wir schreiben das Jahr 1167: Irland ist ein zersplittertes Land, oder vielmehr eine zersplitterte Insel, denn sie wird im kleinen von Clan-Oberhäuptern regiert, die regionalen Königen unterstellt sind.

Es gibt zwar einen Hochkönig, aber wirklich keine zentrale Regierung, die das ganze Land regiert. Einer dieser Regionalkönige ist Diarmat Mac Murchada oder Dermott MacMurragh von Leinster, der König von Leinster, der soeben vom irischen Hochkönig seines Amtes enthoben wurde.


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Wenig erfreut darüber, sucht Dermot nach Hilfe, denn er will sein Königreich Leinster wieder zurück bekommen. Er reist nach England, an den Hof von Heinrich II. und bittet diesen um Beistand.

Der Beistand wird zwar nicht aktiv gewährt, aber Dermot wird immerhin erlaubt in Wales und in der französischen Normandie Söldner anzuwerben. Aber was hatte Heinrich II., seines Zeichens König von England, denn mit Irland oder mit der Normandie zu schaffen?

Heinrich II. und sein Interesse an Irland

Heinrich II., geboren 1133, war nicht nur König von England, sondern Herrscher eines weitreichenden Reiches, das neben England auch große Teile Frankreichs wie Anjou, Aquitanien und die Normandie sowie die Kontrolle über Wales umfasste.

Schottland war zu seiner Zeit formal unabhängig, stand aber unter seinem starken Einfluss. Heinrichs Herrschaft war geprägt von zentralisierter Macht und einem geschickten Umgang mit seinen Vasallen.

Clifden Castle
Clifden Castle (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)

Vor der normannischen Invasion zeigte Heinrich nur begrenztes Interesse an Irland. Erst Dermots Hilfsgesuch brachte die Insel wirklich in seinen Fokus. Denn Heinrich erkannte die Möglichkeiten, die sich durch die Kontrolle über Irland boten.

Sein Anspruch wurde auch durch die sogenannte Laudabiliter-Bulle gestützt, die Papst Hadrian IV. ihm bereits 1155 gewährt hatte. Diese päpstliche Zustimmung erlaubte Heinrich, Irland zu erobern, um die katholische Kirche zu stärken und kirchliche Reformen durchzusetzen. Heinrich nutzte dies, um die Invasion zu legitimieren und seinen Einflussbereich zu erweitern.

Doch König Heinrich II. war nicht nur ein cleverer Stratege, er wusste offenbar auch sein Geld zusammen zu halten, denn die erste Anwerbung von Söldnern ging auf Dermot`s Kosten. Dieser warb also Söldner in der Normandie (und in Wales) an und zahlte mindestens zum Teil mit Land in Irland, das er den Normannen versprach.

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Richard de Clare (Strongbow) – Leben und Einfluss in Irland

Kommen wir zurück zu Dermot`s Invasions-Dilemma: Söldner waren nur ein Teil der Lösung, ein guter Heerführer wurde ebenfalls benötigt. Diesen fand Dermot in Wales, nämlich in dem Adligen Richard de Clare, alias „Strongbow“. Dieser landete 1169 in Irland mit seiner Söldner-Armee, eroberte Leinster und einige weitere Gebiete in kurzer Zeit und besetzte diese.

Richard de Clare, bekannt als Strongbow, war ein normannischer Adliger mit Besitzungen in Wales, der durch die irischen Ereignisse zu einer wichtigen Figur der irischen Geschichte wurde. Geboren um 1130, war Strongbow Graf von Pembroke und stammte aus einer mächtigen Familie, verlor jedoch unter der Herrschaft Heinrichs II. an politischem Einfluss.

Dermots Einladung bot ihm die Möglichkeit, Land und Einfluss zurückzugewinnen. In Irland etablierte Strongbow seine Machtbasis in eroberten Gebieten wie Leinster, Waterford und Dublin.

Kilkenny Castle
Kilkenny Castle (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)



Richard Strongbow heiratete Aoife, die Tochter von Dermot und übernahm nach Dermots Tod 1171 die Kontrolle über Leinster, das ihm von Dermot versprochen wurde. (Siehe auch meinen Artikel zu Strongbow in Kilkenny: https://irland-insider.de/das-eindrucksvolle-kilkenny-castle/.)

Strongbow lebte in Irland hauptsächlich in strategisch wichtigen Gebieten wie Dublin, das unter normannischer Herrschaft zur Verwaltungs- und Handelsmetropole ausgebaut wurde.
Er ließ Forts und Burgen errichten, um seine Herrschaft abzusichern, und förderte den Aufbau normannischer Verwaltungsmethoden.

Sein Einfluss reichte weit über militärische Eroberungen hinaus, da er auch an der Einführung feudaler Strukturen beteiligt war, die die politische Landschaft Irlands nachhaltig veränderten. Aber was bedeutete das eigentlich?

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Normannisches Feudalsystem versus Irisches Clan-System

Die Normannen brachten ein feudal geprägtes System nach Irland, das sich deutlich vom bestehenden irischen Clan-System unterschied. Im Feudalsystem wurde Land von einem Monarchen an Vasallen vergeben, die es wiederum an Untervasallen weitergaben.

Diese Struktur schuf klare Machtzentren, gestützt durch Burgen und befestigte Städte, die militärische und administrative Kontrolle ermöglichten. Die normannische Herrschaft war durch persönliche Treueverhältnisse und wirtschaftliche Abgaben organisiert.

Grace O´Malley´s Tower
Grace O´Malley´s Tower (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)

Das irische Clan-System war dagegen dezentraler und basierte auf kollektiver Landnutzung durch den Clan. Entscheidungen wurden oft gemeinsam getroffen, und der Clanführer () war eher ein primus inter pares als ein absoluter Herrscher. Für die irische Bevölkerung war das Feudalsystem fremd und wurde häufig als Unterdrückung wahrgenommen.

Obwohl die Normannen als Eroberer nach Irland kamen, passten sie sich im Laufe der Zeit stark an die irische Kultur an. Viele normannische Lords heirateten in irische Familien ein, übernahmen die irische Sprache und folgten lokalen Bräuchen. Das war nur pragmatisch, denn die räumliche Isolation von England und die begrenzte Zahl der Besatzer machte es notwendig, Beziehungen zur einheimischen Bevölkerung aufzubauen, um die Herrschaft zu sichern.

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Der Aufbau von Burgen und Städten

Die Normannen festigten ihre Herrschaft durch den Bau von zunächst hölzernen Forts und in späteren Jahren einer ganzen Reihe von steinernen Burgen. Außerdem förderten sie die Entwicklung von Städten. Burgen wie die in Dublin oder Kilkenny dienten als militärische Stützpunkte und Verwaltungssitze.

Städte wie Waterford und Cork wurden nach normannischem Vorbild zu Handelszentren ausgebaut. Diese Befestigungen halfen, die eroberten Gebiete effektiv zu verwalten. Sie ermöglichten es den Normannen, ihre Herrschafts-Strukturen zu etablieren und ihre Macht zu sichern.

Die Normannen übernahmen die zumeist aus Holz gebauten Forts und Städte der Iren und der Wikinger und befestigten sie in massiver Steinbauweise. Und so gehen viele der heutigen historischen Bauwerke auf der irischen Insel auf die Normannen zurück.

Doe Castle
Doe Castle (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)



Die Irischen Clans schlagen zurück

Trotz der kulturellen Verschmelzung wurden die Normannen von irischen Clans bekämpft. Die Landnahme durch die Normannen beraubte viele Clans ihrer Territorien und Macht. Für die Clans war der Widerstand nicht nur ein Akt des Schutzes, sondern auch ein Versuch, ihre traditionelle Ordnung wiederherzustellen.

Selbst die Integration der Normannen änderte nichts daran, dass sie als fremde Eindringlinge wahrgenommen wurden. Die Clans und Königreiche der Iren waren sich allerdings oft uneinig und der Hochkönig hatte darauf auch nur einen begrenzten Einfluss, so dass der Widerstand eher fallweise, regional begrenzt und unkoordiniert ablief.

Schon ein Jahr nach der ersten Invasion, zog eine Koalition von irischen Königen gegen die Normannen, vor allem in Dublin, Waterford und Wexford. Die Normannen konnten ihre Gebiete allerdings weitestgehend verteidigen und halten.

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Heinrich II. erobert Irland vollständig

König Heinrich II. beunruhigte einerseits der Aufstand der Irischen Clans, andererseits sah er sich und seine Interessen von der Unabhängigkeit der Normannen in Irland bedroht. Aus der Not geboren, hatten sie sich ein hohes Maß an Unabhängigkeit von England erarbeitet. Das war aber nicht unbedingt das, was ein englischer Herrscher hören möchte.

Und so landete König Heinrich II. im Jahr 1171 selbst mit einer großen Armee in Irland um sowohl die Kontrolle die über die „irischen“ Normannen wieder zu erlangen, als auch über die Iren.

Heinrich unterwarf beide Seiten innerhalb eines Jahres und ordnete wichtige Angelegenheiten der irischen Kirche im Sinne des Papstes neu. Im Jahr 1172 verließ er Irland um nach England zurück zu kehren – und die Querelen zwischen den Normannen und den gälischen Iren begannen aufs Neue.

Lismore Castle
Lismore Castle (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)



Heinrich einigte sich zwischenzeitlich mit dem irischen Hochkönig auf einen Frieden unter Aufteilung der Insel, aber die uneinigen irischen Könige und die Normannen zankten sich dennoch weiter, bis Heinrich im Jahr 1177 die Geduld verlor, das ganze Irland für die englische Krone reklamierte und die Normannen anwies dieses nach und nach vollständig zu erobern – was diese in der Folge dann auch taten.


Fazit

Was lernen wir aus der Geschichte? Bitte keine fremdem Mächte um Hilfe, wenn du nicht komplett vereinnahmt werden willst! Das galt früher schon und das gilt im Grunde auch heute noch.

Dermot hatte sich die Normannen, Waliser und Engländer ins Land geholt. Er profitierte davon nur für eine kurze Zeit bis zu seinem Tod, legte aber den Grundstein für eine 800 Jahre währende Herrschaft Englands über Irland.

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Wäre Heinrich II. auch ohne Dermot nach Irland gekommen? Vielleicht, denn den Segen des Papstes dazu hatte er sich schon vor Dermot´s Besuch eingeholt. Hätte er dann auch die Normannen mitgebracht? Wer weiß?

Die Geschichte der Normannischen Invasion begann mit der Ironie, das die Invasoren einer Einladung aus Irland folgten.

Wir können aber noch eine weitere Ironie der Geschichte anfügen: Es waren ausgerechnet Normannen, die Irland eroberten!

Die Normannen waren eine Bevölkerungsgruppe, die sich aus (ehemals keltischen) Franzosen und in der Normandie angesiedelten Wikingern (Nord-Mannen) zusammensetzte. Etwa 300 Jahre nach den Einfällen der ersten skandinavischen Wikinger in Irland, wurde das gälische (keltische) Irland noch einmal von (französischen) Wikinger-Nachfahren heimgesucht – und erobert.

Hafen-Festung in Carlingford
Hafen-Festung in Carlingford (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)



Übrigens hatten sich die Wikinger im Laufe ihrer ca. 200 Jahre währenden Herrschaft über die Städte und Ländereien von Dublin, Limerick, Waterford und Wexford inzwischen schon sehr in die irische Bevölkerung integriert.

Sie waren ähnlich uneinheitlich organisiert wie die Iren und keine zentral geführte Großmacht. Als die besser organisierten Normannen auftauchten, spielten die (ursprünglichen) irischen Wikinger schon eine ebenso geringe Rolle im Widerstand gegen die Normannen, wie die irischen Clans selbst.

Letztlich blieben die Normannen in Irland. Und genauso wie die überwiegend dänischen Wikinger vor ihnen, wurden auch sie zu Einheimischen der Grünen Insel, was im Genpool moderner Iren heute noch nachvollziehbar ist.

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Castle in Connemara (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)



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Cahir Castle
Cahir Castle (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)


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Bildnachweis Titelbild: Trim Castle, Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg (https//irland-insider.de, https://ireland-insider.com)



Uli Verfasst von:

Hallo und schön, dass du hier bist! Irland ist interessant, vielseitig und landschaftlich traumhaft! Woher ich das weiß? Wir leben und arbeite in Irland (Zweitwohnsitz) und haben die Insel intensiv und viele Male bereist - und auch die benachbarten britischen Inseln. Vielleicht kann ich dich auch neugierig machen, auf die grüne(n) Insel(n) im Atlantik? Viel Spaß beim Lesen! Dein Ulrich Knüppel-Gertberg