Belfast und die großen Schiffe

Belfast war vom 18. bis ins frühe 20. Jahrhundert eines der großen Zentren des Schiffsbaus in Europa. Unter anderem wurde hier die Titanic gebaut, und auch ihre Schwesterschiffe, die Olympic und die Britannic.

Die Titanic verlässt den Hafen von Cobh
Die Titanic verlässt den Hafen von Cobh (Bild: Wikimedia Commons)

Intro

In Belfast findest du die Titanic Experience, das ist eine große Ausstellung zur Titanic und zu der Zeit, als der Schiffbau in Belfast blühte. Die Titanic Experience ist wohl eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Belfast, wenn nicht sogar die wichtigste.

Völlig zurecht, wie ich finde. Meine Frau und ich haben uns die Titanic Ausstellung auf einer Nordirland-Rundfahrt angesehen und waren davon sehr angetan.

Die Ausstellung ist sehr unterhaltsam und abwechslungsreich aufgemacht und es geht nicht nur um den tragischen Untergang der Titanic, sondern auch um den Bau des Schiffs, das Leben der Arbeiter in den Werften und in Belfast an sich.

Belfast ist eine vielschichtige Stadt und hier bekommst du einen guten Zugang zu ihr.

Olympic und Titanic in der Werft in Belfast
Olympic und Titanic in der Werft in Belfast (Bild: Wikimedia Commons)

Die Titanic Experience

Die Titanic Experience hat ein eigens für diesen Zweck gebautes Gebäude und wurde erst 2012 eröffnet. Sie liegt im Hafen von Belfast, auf dem Gelände der Werft Harland & Wolff, die die Titanic damals gebaut hatte. Das Viertel heißt dann auch Titanic Quarter.

Du findest neben dem leicht erkennbaren silbernen Ausstellungsgebäude das Trockendock der Titanic und auch den Liegeplatz der SS Nomadic, ein Museumsschiff, das du ebenfalls besichtigen kannst.

Die Titanic Ausstellung ist groß und weitläufig. Du solltest daher genügend Zeit mitbringen. Wir haben sicher über zwei Stunden in der Ausstellung verbracht, aber man kann dort auch problemlos einen halben Tag verbringen, wenn man sich für alle Details interessiert.

Hier findest du mehr Informationen zur Titanic Experience Belfast: https://www.titanicbelfast.com/.

Belfast Titanic Experience
Belfast Titanic Experience (Foto: Ulrich Knüppel-Gertberg)


Kurzer Überblick zu Belfast

Wer früher, in den 1970er Jahren über den Nordirlandkonflikt in den Nachrichten gehört hat, verbindet mit der Stadt Belfast vor allem Sprengstoffanschläge und bürgerkriegsähnlichen Zustände. Heute brauchen Touristen keine derartigen Unruhen befürchten.

Aber schauen wir weiter zurück in die Vergangenheit: Menschliche Siedlungen gab es hier schon lange, als um das Jahr 1177 hier im Stadtgebiet des heutigen Belfast eine normannische Burg errichtet wurde. Aber erst 1603 erfolgt die Stadtgründung.

Wegen fortdauernder Aufstände im katholischen Irland, unterstützt die Englische Krone aktiv die Ansiedlung protestantischer Engländer und Schotten in der Region und in der Stadt und legten damit den Grundstein für die Gründung Nordirlands und die Abspaltung von Irland im Jahr 1921.

Im 19. Jahrhundert wird der Hafen im Zuge des blühenden Schiffbaus erweitert und im 2. Weltkrieg wird dieser, sowie die Stadt selbst, durch Bombardement der deutschen Luftwaffe massiv beschädigt.

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1969 begannen in Belfast die „troubles“, also der schon angesprochene Nordirlandkonflikt, der erst 1998 im sogenannten „Karfreitagsabkommen“ mit einem Waffenstillstand offiziell beendet wurde.

Die Stadt mitt etwa 350000 Einwohnern ist Hauptstadt und Verwaltungssitz von Nordirland, das zum Königreich Großbritannien und Nordirland gehört und seit dem Brexit nicht mehr Teil der EU ist, anders als die unabhängige Republik Irland, die nach wie vor EU-Mitglied ist.

Auch der Brexit ist leider ein Teil der moderneren Geschichte Nordirlands, weil er den schwelenden Konflikte zwischen Unionisten und Republikanern wieder neues Konfliktpotential gibt und die ökonomische Situation Nordirlands und Belfasts nicht gerade verbessert hat.


Die Zeit der Werften und des Schiffbaus

Belfast ist im Grunde mit zwei Industrien groß und bedeutend geworden: Mit der Leinen-Herstellung und dem Schiffbau.

Es waren französische Hugenotten, die im 17. Jahrhundert aus Frankreich fliehen mussten und sich hier niederließen. Aus ihrer Heimat brachten sie ihr Handwerk und ihre Fertigkeiten mit – vor allem die Herstellung von Leinen, also textilen Stoffen aus den Fasern der Flachs-Pflanze.

Leinen war ein schwieriges Geschäft, dass lange vor allem in Handarbeit betrieben wurde. Die Mechanisierung war zunächst schwierig, weil Flachs sehr inhomogene und lange Fasern hat. Aber im Laufe des 19. Jahrhundert verdrängten Maschinen doch nach und nach die handbetriebenen Webstühle. Damit war der Weg zur Massenproduktion frei und Belfast entwickelte sich zu einem der wichtigsten Erzeuger von Leinen in Europa.

In der Harland & Wolff Werft in Belfast
In der Harland & Wolff Werft in Belfast (Bild: Wikimedia Commons)


Es waren übrigens irische Auswanderer, die diese Techniken Mitte des 19. Jahrhunderts in der großen Emigration nach Amerika mitbrachten. Dort wuchs Baumwolle, die weitaus leichter zu verarbeiten war als der Flachs und von Sklaven billig geerntet werden konnte. Und so verdrängte die Baumwolle in Amerika das Leinen bald.

Ich glaube, man kann sagen, dass die heutigen Blue Jeans irgendwie auch irische Wurzeln haben!

Was hat das mit dem Schiffbau zu tun? Nun, im 17. und 18. Jahrhundert waren Schiffe noch zumeist Segelschiffe, bis sie nach und nach durch Dampfschiffe ersetzt wurden. Segelschiffe brauchen viele Segel und viel Tauwerk und in Belfast wurden nicht nur Textilien für Bekleidung und Haushalt produziert, sondern auch technische Textilien, also zum Beispiel Segel und Tauwerk für den Schiffbau.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts verdrängte der Stahl und die Dampfmaschine das Holz und Leinen im Bau großer Schiffe. Die Welt expandierte und es gab einen großen Bedarf seegängiger Passagier- und Frachtschiffe. Belfast hatte einen Seehafen und qualifizierte Schiffbauer und die Werften blühten und gediehen.

Die Titanic auf Reede, Belfast
Die Titanic auf Reede, Belfast (Bild: Wikimedia Commons)

Harland & Wolff war eine große Werft, die die Titanic, sowie die Schwesterschiffe Britannic und Olympic baute. Die Titanic lief 1911 vom Stapel und war mit 270 Metern Länge für kurze Zeit das größte Schiff der Welt und darüber hinaus für die damalige Zeit sehr luxuriös ausgestattet.

Sie sollte im Liniendienst zwischen Southampton und New York verkehren. Bei ihrer Jungfernfahrt 1912 lief sie auf einen Eisberg auf und versank dramatisch. Es gab nur sehr wenige Überlebende.

Auf diesen Teil der glorreichen Werftgeschichte Belfasts waren die Iren, ab 1921 Nordiren, lange Zeit wenig stolz. Dabei konnten sie gar nichts dafür, das Schiff war gut und die Schwesterschiffe fuhren zum Teil deutlich länger zur See.

Die Olympic fuhr immerhin bis 1935 und wurde dann ausgeschlachtet. Die Britannic wurde im Ersten Weltkrieg als Hospitalschiff in der Ägäis eingesetzt, lief dort 1916 auf eine deutsche Seemine und versank. Aber da kann die Werft ja nun auch nichts dafür.

Neben Harland & Wolff, der „Titanic-Werft“ gab es auch Workman, Clark und noch weitere Werften zu der Zeit. Harland & Wolf war mehrfach pleite, wurde aber übernommen und baut jetzt auch wieder Schiffe.

Inzwischen sind die Nordiren wieder stolz auf ihre Werftgeschichte und feiern die Titanic in der gleichnamigen Ausstellung.

Die Titanic verlässt Southampton
Die Titanic verlässt Southampton (Bild: Wikimedia Commons)


Weitere Sehenswürdigkeiten in Belfast

Wenn du schon in Belfast bist, kannst du dir natürlich noch ein paar weitere Sehenswürdigkeiten ansehen:

Die Queen´s University Belfast wurde um 1845 gegründet als Gegenstück des Trinity College in Dublin. Das Gebäude und der Campus sind frei zugänglich und ausgesprochen schön zu sehen. Siehe: https://www.qub.ac.uk/.

In unmittelbarer Nähe zur Queen´s University befinden sich die schönen Botanic Gardens mit dem bekannten Tropischen Gewächshaus. Wir sind dort ein bisschen herumspaziert und haben es sehr genossen. Siehe: https://www.belfastcity.gov.uk/botanicgardens.

Ein paar Meter weiter findest du das Ulster Museum mit seinen Ausstellungen zu irischer Kunst, Naturkunde und Industriegeschichte. Siehe: https://www.ulstermuseum.org/

Das heutige Belfast Castle ist ein schönes Schloss aus dem 19. Jahrhundert. Von einem Park umgeben, liegt es auf einem Hügel etwas außerhalb der Stadt. Siehe: https://www.belfastcity.gov.uk/belfastcastle/home.

Die Belfast City Hall im Zentrum ist auch sehr beeindruckend. Du kannst dort eine geführte tour mitmachen. Siehe: https://www.belfastcity.gov.uk/things-to-do/city-hall.

Es gibt natürlich noch mehr Dinge, die du dir in Belfast anschauen kannst, aber damit bekommst du auf jeden Fall schonmal einen ersten Eindruck.

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Fazit

Belfast ist eine Stadt, die sich mir nicht auf den ersten Blick erschlossen hat. Gammelige Straßenzüge und Gratify wechseln sich hier ab mit stolzen, modernen und historischen Bauwerken.

Stark geprägt wurde Belfast von seiner industriellen Vergangenheit, von der Leinenproduktion, vom Schiffbau und von seinem Seehafen.

Darüber erfährst du viel in der Titanic Belfast Experience, die ich dir sehr empfehlen kann. Mir hat dieses Erlebnis nicht nur die Titanic, sondern auch die Stadt Belfast ein ganzes Stück näher gebracht und ich komme gerne mal wieder.

Ist Belfast nun eine schöne Stadt? Das würde ich so nicht unterschreiben. Aber ist Belfast eine interessante Stadt? Ja – unbedingt!

Ich wünsche dir ganz viel Spaß in der Titanic Experience und in Belfast!

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Bildnachweis Titelbild: Die Titanic verlässt Southampton, Bild: Wikimedia Commons

Uli Verfasst von:

Hallo und schön, dass du hier bist! Irland ist interessant, vielseitig und landschaftlich traumhaft! Woher ich das weiß? Ich lebe und arbeite in Irland (Zweitwohnsitz) und habe die Insel intensiv und viele Male bereist. Vielleicht kann ich dich auch neugierig machen, auf die grüne Insel im Atlantik? Viel Spaß beim Lesen! Dein Ulrich Knüppel-Gertberg